Studie Swiss Mobility Monitor 2023: Killerkriterium beim Umstieg aufs E-Auto ist die fehlende Ladestation zu Hause

Die teuren Anschaffungspreise, die Skepsis vor zu wenig Lademöglichkeiten sowie die Angst vor einer zu geringen Batterieleistung waren lange die Hauptgründe, dass sich viele gegen den Kauf eines Elektroautos entschieden. Die diesjährige Studie des «Swiss Mobility Monitor 2023» der Universität Luzern zeigt jedoch, dass der Wechsel auf einen Stromer weniger eine Frage des Geldes oder der Reichweite ist, sondern der fehlenden Ladeinfrastruktur zu Hause – und dies generationsübergreifend. Diese Aussage bestätigen auch weitere Analysen der Online-Plattform AutoScout24. Denn mittlerweile ist das öffentliche Ladenetz in der Schweiz dicht ausgebaut, das Angebot an leistungsfähigen elektrischen Modellen breit gefächert und die Nachfrage hoch. Soll der vollständige Umstieg auf die Elektromobilität gelingen, scheinen in diesem Marathon nun primär die Vermieter:innen und Hauseigentümer:innen gefordert.

Noch vor zehn Jahren führte das E-Auto ein Nischendasein. Die Batterieleistung  war gering und das Aufladen aufgrund der spärlich vorhandenen öffentlichen Ladestationen mühsam. Gleichzeitig musste man für einen Stromer tief in die Tasche greifen. Gemäss Auswertungen der Online-Plattform AutoScout24 kostete beispielsweise ein neuer Tesla Model 3 im Jahr 2018 durchschnittlich 79’054 Franken. Das waren rund 20% mehr als im Jahr 2022 (Durchschnittspreis 60’967 Franken). 2013 konnte man für einen BMW i3, mit aus heutiger Sicht spärlicher Batterieleistung von 22 kWh, sogar weit über 50’000 Franken ausgeben. «Abgesehen davon, dass man zu Beginn mit der Technologie noch keine Berührungspunkte hatte, schreckten Faktoren wie Preis und Reichweite in den vergangenen Jahren viele vor dem Kauf eines E-Autos ab», weiss Alberto Sanz de Lama, Managing Director bei AutoScout24. Mittlerweile sind dies jedoch nicht mehr die Hauptgründe, wie die Auswertungen des «Swiss Mobility Monitors 2023» zeigen. Die schweizweite, repräsentative Studie der Universität Luzern, die gemeinsam mit den Studienpartnern AutoScout24, der Zürich Versicherung und der Universität St. Gallen realisiert wurde, untersuchte unter anderem die Nutzung von E-Autos sowie die Beweggründe für den Umstieg auf ein solches. Dabei zeigte sich: «Die Möglichkeiten, das Fahrzeug zu Hause zu laden, wurden insgesamt als wichtigster Aspekt zum Umstieg auf ein E-Auto eingestuft – und dies generationsübergreifend », sagt Reto Hofstetter, Studienleiter an der Universität Luzern.

Günstigere Preise für Generation Z wichtig, Babyboomer hingegen weniger preissensibel
Anders als die Lademöglichkeit zu Hause, wurden die weiteren Aspekte, welche Fahrzeuglenker:innen zum Umstieg auf ein E-Auto bewegen würden, von den verschiedenen Generationen unterschiedlich bewertet. Die Generation Z stuft beispielsweise neben der Lademöglichkeit zu Hause einen günstigeren Preis als fast gleich wichtig ein. Reto Hofstetter überrascht dies kaum: «Der Autokauf ist nach dem Immobilienkauf meist die zweitteuerste Investition im Leben. Also muss zunächst ein gewisser Sparanteil vorhanden sein, bis man sich ein Elektroauto leisten kann. Diese Voraussetzung ist bei der Generation Z meist nicht gegeben.» Danach folgen bei der Generation Z die Aspekte der höheren Reichweite sowie eine besser ausgebaute öffentliche Ladeinfrastruktur. Die Generationen Y, X und Babyboomer bewerten hingegen nach der Lademöglichkeit zu Hause eine bessere öffentliche Ladeinfrastruktur als zweitwichtigsten Beweggrund zum Umstieg auf ein E-Auto. Fast als gleich wichtig wird aber auch noch eine höhere Reichweite angegeben. Günstigere Preise sind für sie weniger relevant, wobei die Babyboomer im Generationenvergleich die geringste Preissensibilität aufweisen.

Öffentliche Ladeinfrastruktur und Angebot an E-Autos auf Kurs
Die öffentlichen Ladestationen werden in der Schweiz immer zahlreicher und somit das Ladenetz immer dichter. Gemäss Swiss eMobility konnte die Anzahl der öffentlichen Ladestationen im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 29% zulegen (+556 Ladepunkte). Aber auch auf der Angebotsseite steigerte sich der Marktanteil an voll elektrifizierten E-Autos bei den neu immatrikulierten Personenwagen in den letzten Jahren kontinuierlich und lag gemäss Auto Schweiz im Jahr 2022 bei 17.8%. Damit haben sich die Neuzulassungen von Elektroautos innerhalb von zwei Jahren verdoppelt. Zudem war zweimal nacheinander ein Stromer das meistverkaufte Auto der Schweiz. «Dieser Markthochlauf und die wachsende Beliebtheit an E-Autos spiegeln sich auch bei AutoScout24 wider», sagt Alberto Sanz de Lama. Waren im ersten Quartal 2018 noch etwa 1’100 reine Stromer auf der Online-Plattform inseriert, waren es im ersten Quartal 2023 bereits über 16’900 – also rund 15 mal  so viele wie noch vor fünf Jahren.

Jeder 6. Neuwagen auf AutoScout24 ist ein E-Auto
Die Knappheit bei den Halbleitern und Lieferverzögerungen beeinflussten in den letzten zwei Jahren vor allem die Produktion von neuen Elektroautos. Langsam verbessert sich die Liefersituation im Automobilbereich jedoch wieder, was sich auch positiv auf das Angebot an neuen Stromern bei AutoScout24 auswirkt. So nimmt das Angebot an neuen E-Autos seit Juli 2022 wieder zu: Im ersten Quartal 2023 waren etwa 7’300 neue vollelektrische Fahrzeuge auf der Online-Plattform ausgeschrieben. Somit ist mittlerweile jeder 6. Neuwagen auf AutoScout24 ein Elektroauto. Die fünf am häufigsten neu inserierten E-Autos waren im ersten Quartal 2023 der Fiat 500, der Hyundai Ioniq 5, der VW ID.4, der Renault Mégane und der Volvo XC40.

Luxus-E-Marken dominieren den Occasionsmarkt
Nicht nur das Segment der Neuwagen ist immer mehr in elektrischer Hand, auch der Occasionsmarkt erlebt langsam aber sicher einen E-Boom. Denn mit der Zunahme an neuen Elektroautos wächst zeitversetzt auch das Angebot an gebrauchten Stromern. Das Angebot ist zwar noch überschaubar und machte im ersten Quartal 2023 bei AutoScout24 lediglich 4% aller inserierten Occasionsfahrzeuge aus, doch wird es immer grösser und vielseitiger. Schaut man sich das Angebot auf AutoScout24 genauer an, sind unter den rund 10’000 inserierten gebrauchten E-Autos vor allem «E-Luxus-Marken» zu finden. So waren die fünf am häufigsten inserierten gebrauchten Elektroautos im ersten Quartal 2023 der Tesla Model 3, der Audi e-tron, der Skoda Enyaq iV, der Tesla Model S und der BMW i3.

Fiat 500 ist das gefragteste Elektroauto
Auch auf der Nachfrageseite nimmt das Interesse an E-Autos immer mehr zu. Innerhalb von zwei Jahren haben sich die Suchanfragen auf AutoScout24 spezifisch nach Elektroautos mehr als verdreifacht. Im Ranking der meist gesuchtesten E-Autos auf AutoScout24 lag der Fiat 500 mit Abstand auf dem ersten Platz. Mit etwa halb so vielen Suchanfragen folgte der Hyundai Kona auf dem zweiten Platz. Auf dem dritten Platz war der Volvo XC40, gefolgt vom Renault Mégane und dem Peugeot 208.

Es bleibt dabei: Vermieter:innen und Hauseigentümer:innen als Hebel und Beschleuniger
Trotz besserer öffentlichen Ladeinfrastruktur, breiterem Angebot und grosser Beliebtheit für die Stromer ist die Schweiz in Punkto Elektromobilität im Europäischen Vergleich nicht an vorderster Spitze. Schaut man sich die Statistik des Verbandes der Europäischen Automobilhersteller (AEAC) an,  lag die Schweiz – gemessen am Anteil der «Steckerfahrzeuge» (PHEV) bei Neuzulassung –, im Jahr 2022 auf Platz 9. Alberto Sanz de Lama erklärt sich diese Platzierung so: «Die Schweiz hat keine flächendeckenden Fördermassnahmen zum Kauf eines E-Autos. Jeder Kanton, jede Gemeinde oder Stadt regelt dies anders. Zudem muss man bedenken, dass die Schweiz ein Land der Mieter:innen ist. Und für Mieter:innen gibt es aktuell kein Recht aufs Laden zu Hause. Sie können vielfach nicht frei über den Einbau einer Ladestation entscheiden, sondern müssen auf den Goodwill der Vemieter:innen hoffen.» Für ihn ist klar, dass ohne eine überzeugende Strategie zur Ausstattung privater Ladeplätze die Skepsis vieler Schweizer:innen wohl bleibt und der vollständige Umstieg auf die Elektromobilität länger dauern wird.

Über den Swiss Mobility Monitor 2023
Zum zweiten Mal hat die Universität Luzern gemeinsam mit den Studienpartnern AutoScout24, der Zürich Versicherung und der Universität St. Gallen den «Swiss Mobility Monitor» erhoben. Die Studie erforscht, wie offen die Schweizer Wohnbevölkerung gegenüber neuen Mobilitätsformen, wie beispielsweise der E-Mobilität, des Carsharings oder dem digitalen Autokauf gegenübersteht und wie deren Nutzung verbreitet ist.

Datengrundlage Auswertungen AutoScout24
Zusätzlich zum «Swiss Mobility Monitor 2023» wurden die Angebotsdaten von Elektroautos von 2018 bis 2022 sowie im ersten Quartal 2023 auf autoscout24.ch untersucht. Die Angebotsdaten wurden einerseits nach neuen und nach gebrauchten Elektroautos segmentiert. Beim Suchverhalten wurden die spezifischen Suchanfragen nach Elektroautos der User:innen auf autoscout24.ch analysiert, die sie im Jahr 2021, im Jahr 2022 und im ersten Quartal 2023 über den Computer oder über ein Smart Device tätigten.